Tatami Matte

Das Tatami Bett, faltbare Matte für die japanische Art des Schlafes

Die meisten haben sie schon gesehen, viele wissen, wie sie heißen. Doch nur die wenigsten haben von Tatami eine richtig genaue Vorstellung. Und längst nicht alle wissen, wie gut Tatami tatsächlich sind.

Tatami ist von seinem Ursprung her ein traditionelles und bewährtes Erzeugnis. Als Naturprodukt hat Tatami sich zudem über Jahrhunderte bewährt. Eigentlich ist Tatami nichts anderes als eine einfache Matte, die in verschiedenster Form verwendet wurde, beispielsweise als Unterlage für Betten. So entstand das Tatami-Bett. In der Regel besteht das Tatami-Bett aus einem Massivholzrahmen, einer in der Regel schlichten und funktionalen Konstruktion aus Holzbrettern und -leisten mit Stollen oder Pfosten als Stützen. Statt Beinen oder Stützen kann das Tatami-Bett auch – besonders in kleinen Räumen – über einen geschlossenen, teils seitlich, teils von oben zugänglichen Stauraum unter dem Bett verfügen. Umlaufend hat das Tatami-Bett meist einen Bettrand – breit wie eine praktische Ablage oder gerade mal so schmal wie die Hölzer selbst. In der Regel ist die Konstruktion schlicht und funktional, das Holz wird mit keinerlei Dekor, Malerei oder Schnitzerei versehen. Abhängig davon, welches Holz verwendet wird, kann das Tatami-Bett massiv, gedrungen oder zierlich erscheinen. Hinsichtlich der Gestalt ist sicherlich eine gewisse Differenzierung möglich, die sich aus der Wahl des Holzes, aber auch durch die Konstruktion ergibt. Das Prinzip ist allerdings: So viel wie nötig, so wenig wie möglich. Es handelt sich gewissermaßen um ein Prinzip der Reinheit: Überflüssiges weglassen. Tatsächlich ist das Tatami-Bett wie vieles, was aus Japan kommt, in seiner Strenge, Durchdachtheit und Nüchternheit eindrucksvoll und meist von erlesener ästhetischer Qualität.

In den Holzrahmen sind Latten eingelegt. Nur als Option kann das Tatami-Bett zudem eine oder mehrere Kopfstützen haben. Auf die Latten werden nun mehrere Tatami gelegt. So ist das Tatami-Bett bereit für die eigentliche Schlafauflage. Während dies in Europa die Matratze ist, schläft man in Japan auf einem Futon. Da Tatami in der Regel dämmend und wärmeisolierend sind, ist es wichtig, den Futon wegen der Belüftung etwas kleiner zu bemessen als die Tatami-Auflagefläche – das Bettgestell sollte also so groß sein, dass um den Futon herum noch ein nicht zu knapper Rand frei bleibt.

Geselligkeit, Rückzug oder Ruhe – chillen auf Tatami

Tatami ist also die japanische Art zu ruhen, zu entspannen und sich zu betten. Tatami ist zudem die japanische Form der Innenauskleidung von Räumen, besser gesagt, von Fußböden, Betten und Sitzflächen. Seltener sind Tatami als Wandbekleidung zu finden; auch das ist möglich, wenn dies auch nicht unbedingt der traditionellen Verwendung entspricht. Vom Material her sind Tatami Reisstrohmatten, die in genormten, traditionell festgelegten Maßen ausgeführt werden. Sie dienen seit je her in japanischen Häusern, Wohnungen, Hotels, Werkstätten, Produktionsräumen und Sporthallen als Fußbodenbelag und ferner als Sitzauflagen in Restaurants, Teehäusern, Bars und selbst in den modernsten Zügen. Tatami bilden gar die Fußbodenbeläge in repräsentativen Empfangsräumen und können selbst bei hohen Staatsbesuchen das Ambiente prägen. Denn Tatami stehen für die japanische Lebenskultur schlechthin. Wer Tatami betritt, zieht die Schuhe aus und läuft auf Strümpfen. Die Bewegungen der Bewohner und Besucher sind dann von leisen und diskreten Geräuschen bestimmt. Wo Tatami ausliegen, kann niemals der Klang hoher Absätze, niemals das Stampfen militärischer Stiefel oder der geschäftige Schritt von Alltagsschuhwerk die Stille stören und die Anwesenden irritieren. Tatami stehen also auch für das Zivile, nicht selten auch für das Intime und Private.

Faltbare Matten

Das Wort Tatami leitet sich etymologisch vom Verb tatamu – auf Deutsch „falten“ oder „stapeln“ – her. Die Wortbedeutung verweist schon auf die Nutzung: Tatami dürften demnach ursprünglich so dünn gewesen sein, dass sie faltbar waren und gestapelt wurden. Zu Anfang waren Tatami ein Luxusgut des Adels. In der Heian-Zeit (794–1185) waren die Fußböden der Residenzen des höchsten Adels im Shindan-zukuri-Stil noch aus Holz und Tatami fanden als Sitzgelegenheiten Verwendung. In der Kamakura-Zeit (1185–1333) errichteten sich auch mächtig gewordene Samurai und Priester ihre Residenzen im Shindan-zukuri-Stil. In der Muromachi-Zeit (1336–1573) wurden Tatami mehr und mehr in den Räumen ausgelegt, zunächst in kleineren Räumen, dann in Räumen, die als zashiki bezeichnet wurden – Räume eigens zum Sitzen. Eine strenge Etikette regelte in jenen Jahrhunderten nicht nur das Sitzen, sondern auch die Art und Weise, wie Tatami ausgelegt wurden. Bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts, heißt es, wurden Tatami daneben bereits als Schlafunterlage genutzt, allerdings wiederum nur von der herrschenden Aristokratie und von den Samurai. Erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts wurden Tatami populärer. Heute stehen Tatami für die Lebensweise des traditionellen Japans. Moderne japanische Häuser sind nicht selten nur noch in einem Raum mit Tatami ausgestattet – wenn überhaupt.

Doko, omoto und heri oder der Stoff, aus dem die Träume sind

Das Material der Tatami ist zunächst in mehreren Schichten gepresstes Reisstroh – wara-doko –, das die Basis der Tatami bildet. Wesentlich ist die Pressung. Von einer Dicke von anfangs 40 Zentimetern wird wara-doko im Herstellungsprozess zu einer Dicke von nur noch 5 Zentimetern zusammengedrückt. Die Merkmale eines solchen optimierten Materials sind: Feuchtigkeitskontrolle, Feuersicherheit, Wärmeisolierung, Beständigkeit und Widerstandsfähigkeit. Dicke, Reinheit und Gleichmäßigkeit bestimmen die Qualitätsdifferenzen der Tatami, die für unterschiedliche Zwecke (höchste Qualität in Tempeln und Schreinen, unterste Qualität in Mietwohnungen und im Niedriglohnsektor) verwendet werden. Zur Herstellung von Tatami können auch nicht-natürliche Materialien (kenzai-doko) verwendet werden: beispielsweise Polystyrolschaum (Styropor) in Verbindung mit Holzchips. Die Oberfläche – omote – ist ein Geflecht, das traditionellerweise aus igusa, einer Flatter-Binse hergestellt wird. Igusa ist ein auch in Europa verbreitetes Binsengewächs, das an feuchten Standorten vorkommt. Die Garne, um welche das Binsenstroh gewebt wird, sind aus Hanf, Baumwolle und Leinen. Je dicker das Garn (zum Beispiel Hanf doppelt), desto höher die Qualität. Ein derart stabiler Tatami ist in erster Linie ein ökologischer Stoff, der für Feuchtigkeits- und Wärmeausgleich in den Räumen sorgt. So reguliert Tatami zum einen die Luftqualität in Innenräumen, sorgt zum anderen für ein bestimmtes Gefühl: das Laufgefühl auf Tatami ist fest und federnd zugleich. So erklärt sich auch die Verwendung von Tatami als Unterlage bei japanischen Kampfsportarten von Judo über Jiu Jitsu bis Karate. Heri ist schließlich das Band, das alles zusammenhält. Es werden wiederum Hanf- und Baumwollgewebe verwendet, aber ebenso Synthetik. Die kurzen, tamachi genannten Seiten der Tatami wurden früher mit Holzleisten und per Hand genäht, in modernen Zeiten auch mit Maschinen. Holzgenähte tamachi sehen nicht nur stabiler und schöner aus, sie halten tatsächlich länger. Tatami sollten regelmäßig gesaugt und zum Lüften aufgestellt werden. Reinigen lassen sich Tatami mit einem in Essigwasser getränkten Tuch oder auch mit ökologischen Pestiziden, die in die Tatami eingesprüht werden.

Die glückliche Anordnung – Tatami und Futon

Die Maße sowie die Layouts von Tatami unterliegen allerdings noch heute strengen Vorstellungen und Regeln, Räume in Häusern, Geschäften, Teeräumen werden in ihrer Größe nach Tatami differenziert: 4½, 6 oder 8 jō oder Matten sind vielfach die übliche Zahl, um die Größe eines Raumes zu bestimmen. Viereinhalb Tatami werden beispielsweise in einer ganz bestimmten Anordnung gelegt. Dieses „Layout“ selbst wird in eine „glückbringende“ und „unglückbringende“ Anordnung unterschieden. Beim Tatamit-Bett spielen die Layouts hingegen kaum eine wichtige Rolle, maßgeblich ist hier eher, dass der Futon aus Gründen der Hygiene und Belüftung nicht genauso groß ist wie die Tatami-Auflagefläche, sondern kleiner. Der Futon ist ebenso japanischen Ursprungs, übersetzt heißt futon „Stoffkörper“ und meint zunächst „Decke“, im übertragenen Sinn dann „Bettplatz/Schlafstätte“. Auf dem westlichen Markt hat der Futon die Gestalt einer Matratze eingenommen, im japanischen, ursprünglichen Kontext bestand futon aus Unterlage und Zudecke. Für das Tatami-Bett übernimmt der Futon demzufolge die Funktion der Matratze. Für die Wahl des Tatami-Bettes entscheidet in erster Linie die Anlage und Größe des Raumes – schließlich gibt es viele Möglichkeiten, mit Tatami zu wohnen und zu schlafen.

Quellen:

en.wikipedia.org/wiki/Tatami
kyo-tatami.com/world/about/
www.cinius.com/de/lattenroste/tatami.php
de.wikipedia.org/wiki/Futon